Vorerst mal ganz großen Dank an WildeWebe und alle anderen, die diesem Forum Leben geben! Ich webe noch nicht lange, das aber sehr gerne. Im Moment stellt sich mir die Frage der Nachbearbeitung, finde zu diesem Thema leider äußerst wenig in meinen Büchern oder im Internet.
Habe kleine Decken aus Cottolin gewebt. Wie werden diese nun nachbearbeitet? Habe mich langsam an das Waschen herangemacht, zuerst per Hand gut nass gemacht, dann im Handtuch eingerollt, um die größte Nässe wegzubekommen, dann liegend oder hängend getrocknet. Danach 30-Grad-Wäsche in der Maschine. Danach 50-Grad-Wäsche in der Maschine, jeweils samt Schleudern. Jetzt stelle ich folgendes fest: Erstens 2 Mal so viele Fussel in der Waschmaschine/Flusensieb, dass sie nicht mehr abgepumpt hat, zweitens sind die Decken jetzt "hart". So wie Handtücher, die nach der Wäsche oft rau sind.
Wie bearbeite ich Cottolin richtig nach. Laut Etikett sollte es 60 Grad aushalten, da ist doch wohl Maschine gemeint, oder? Gleich bei 60 Grad in die Maschine? Schleudern beim ersten Mal? Oder zuerst Handwäsche? Habe auch was gelesen von nicht ganz trocknen lassen und dann mit Dampf drübergehen?????
Bitte um Euren Rat! Vielen Dank schon vorab!
Faden-Werk 18.05.2015 12:56
WildeWebe Erst mal Hezlich Willkommen ! Und Entwarnung vorneweg, Du hast nichts falsch oder kaputt gemacht !
Die Nachbehandlung.... Ein echt nerviges Kapitel. Ich werde es nie vergessen wie ich die erste Ladung Babytragetücher mit Leinenkette aus der Waschmaschine holte und auf dem Dachboden zum trocknen aufgehängt habe. Die waren so hart, die hätte ich falten und in die Ecke stellen können !! Ich war völlig verzweifelt. Das Garn hatte 128 DM ohne MwSt. pro Kilogramm gekostet, Indanthren gefärbt laut Etikett wenig flusend, so licht echt wie möglich und bei 60° waschbar. Und dann das ! Ich hätte heulen können !
Meine Mutter sagte, schmeiß sie in die Badewanne und tue Essig dazu ! Das habe ich getan. Ich weiß heute : Am Essig lag es nicht ! Ich empfehle bei Leinenhaltigen Geweben und da gehört Bommulin oder Cottolin ja dazu : Waschen in der Waschmaschine ruhig zu den angegebenen Temperaturen oder mit 10 oder 20° C weniger. Unbedingt mit mehr Wasser ! Wenn ihr so eine Waschmaschine mit Wasserspar Programm habt, das Gewebe für einige Stunden mit Wasser bedeckt weichen lassen (Badewanne oder Duschwanne ist besser als Eimer, weil es dort weniger knittert, aber es geht auch der Eimer !), denn ausreichend Wasser ist ein wichtiges Kriterium für den Erfolg. Wenn irgend möglich, reduziert das Schleudern oder lasst es ganz weg ! Und dann nicht durchtrocknen lassen. Die Schweden mangeln Leinen kalt trocken, da aber nicht jeder eine alte Mangel mit Steinschlitten, die genug Druck ausübt, zu Hause hat ;)))))), nehme ich das Bügeleisen und zwar auf höchster Stufe. Der Trick ist, die Restfeuchte muß in die Faser eingeschlossen werden. Das Geht eben entweder über Druck oder über hohe Temperaturen. Trocken Bügeln oder wer ne Heißmangel hat auch mangeln, wird noch schöner und das Gewebe wird fließend und anschmiegsam.
Machst Du es so, wirst Du dein Gewebe nicht mehr wieder erkennen ;))) Viel Erfolg !
WildeWebe (Manager) 18.05.2015 13:16
WildeWebe Ach und das mit dem Flusen ist sehr merkwürdig. Ich habe das auch mal mit teurem Borgs Leinen gehabt. Ich war so genervt, ich habe denen alle mit Flusenrolle entfernten Fusseln in einen Briefumschlag gesteckt (2,40 €) und mit einem Bitterbösen Brief an Borg geschickt. Nie eine Antwort erhalten.
Ich glaube, das zu harte mechanische Beanspruchung, hohe Schleuderzahlen z.B. das eventuell hervorrufen können. Ich hab damals so eine alte Waschmaschine mit inneliegendem *Ventilator* benutzt, bei der nicht das Waschgut, sondern das Wasser bewegt wird und die wirklich sehr an den Fasern zerrt. Ich hatte allerdings auch all meine anderen Babytragetücher mit dem Klippan Leinen damit gewaschen und da passierte gar nichts !
Im Moment habe ich wieder dieses Leinen auf dem Webstuhl und mir fällt schon beim Weben auf, das erstens nicht alle Qualitäten gleich sind, obwohl es alles Klippan und Borg Garne sind, sind einige härter und spröder, als andere (Ich mache häufig vielfarbige Ketten, da habe ich dann schon mal 20 oder mehr Spulen pro Kette in Gebrauch) und das zweitens der Abrieb enorm ist. Ich habe so viel Textilstaub unter dem Webstuhl, das sollte bei den Garnpreisen eigentlich nicht sein !
Von wem hast Du dein Garn ?
WildeWebe (Manager) 18.05.2015 13:28
Faden-Werk Haha, in die Ecke stellen kann ich meine Decken nicht, so schlimm ist es nicht, aber eben auch nicht toll. Habe Bockens Nialin. Waren auch einige Flusen unterm Webstuhl beim Arbeiten. Geschleudert habe ich bei 1000 Umdrehungen (also schon reduziert). Werde also weichen, waschen ohne Schleudern, nicht durchtrocknen lassen, heiß bügeln und dann nochmal berichten :)
Faden-Werk 18.05.2015 14:28
WildeWebe Ja, tu das. Ich bin sehr gespannt !
Ich webe jetzt seit 30 Jahren und immer wieder gibt es Nachbehandlungen, die mich vor Probleme stellen.
Bockens ist ja auch nicht gerade billig. Es ist echt ein doofes Problem, das man sich so viele Gedanken über die Qualität machen muß, selbst bei den teuersten Garnen.
Etwas Abrieb und Textilstaub ist normal, das läßt sich nicht verhindern. Vor allem Leinen ist sehr reißfest, aber wenig reibungsfest. Die Reibfestigkeit erhöht sich mit dem Anteil Wasser, die in die Faser eingeschlossen wurde. Das ist der Grund warum Leinenketten früher geschlichtet wurden und die armen Leinenweber in ihren Häusern 0,5 m tiefe ausgehobene Flächen hatten, aus purer Erde, auf denen die Webstühle standen. Das Raumklima war dadurch immer feucht und das war gut für das Garn und das Gewebe, aber sehr schlecht für den Weber. Natürlich hatte das Erkrnakungen zur Folge. Aber der arbeitende Mensch galt weniger, als das Produkt. Schlichten ist ein Aufbringen von Getreidepampe rund um den Kettfaden, er wird durch gleichzeitiges Führen von Bürsten über und unter der Kette aufgebracht. Die Stärke bildet eine Haut, die das Wasser bindet, deshalb ist das wirkungsvoller, als Leinen einfach nur nass zu machen, was aber auch schon hilft.
Es ist ein großer Unterschied, ob Leinen nass oder trocken gesponnen wurde. Die Leinen Garne von Klippan und Borg sind nassgesponnen, aber die gibt es offiziell gar nicht mehr, da muß man Glück haben. Ich vermute, das Bockens auch nass spinnt.
WildeWebe (Manager) 18.05.2015 15:09
Handgewebe Hallo liebe Fadenwerk, hier gebe ich mal noch meine Erfahrungen mit Gewebe-Nachbehandlung. Liebe Grüße Ute
Das Webstück wird je nach Größe in eine Schüssel oder Wanne mit 60°C heißem Wasser gelegt. Das ist wichtig, da insbesondere bei Leinen entstandene Knicke und Knitter nur schwer zu entfernen sind. Danach gießt man vorsichtig (am Schüssel- oder Wannenrand) kochendes Wasser zu, bis das Gewebe vollständig von Wasser bedeckt ist. Es ist wichtig, den direkten Kontakt des kochenden Wassers mit dem Webstück zu vermeiden. Das Ganze verbleibt ca.3 Stunden im Wasser. Dabei wird die Farbe fixiert und ein Ausbluten der Farbe durch nachfolgendes Waschen des Gewebes verhindert.
Baumwollgewebe können nach dieser Behandlung bei 60°C in der Waschmaschine gewaschen werden. Bio-Waschmittel verwenden. Am Besten auf den Schleudergang ganz verzichten, Knitter die durch Schleudern ins Gewebe kommen, lassen sich auch kaum noch durch Mangeln oder Bügeln entfernen. Leinen ist im nassen Zustand weniger scheuerfest, als im Trockenen BEACHTE: Moderne Waschmaschinen arbeiten nach dem Scheuerprinzip, d.h. Waschmaschinen zerstören auf Dauer den Faserverbund
LEINEN glättet durch Druck und Feuchtigkeit, auf keinen Fall durch Hitze. Leinen verfügt über einen hohen Anteil von amorphen Bereichen innerhalb der Molekülkettenstruktur, d.h. Wasser und Farbstoffe können gut eindringen, aber Reißfestigkeit und Temperaturbeständigkeit im nassen Zustand ist geringer. (siehe Materialkunde)
BEACHTE:„● ● ●“ Markierung für Leinen am Bügeleisen ist falsch. Beim Bügeln feuchthalten, am Besten mit Tuch bügeln Leinen mit „Hoffmanns“ Reisstärke behandeln die Oberfläche schließt sich, der Stoff glänzt bleibt länger sauber
nachdem das Webstück getrocknet ist, erfolgt eine erneute Messung und danach können dann die Verluste berechnet werden.
WildeWebe Komisch meine Materialkunde hat mir da was anderes beigebracht. Es ist keine glatte Belastungslinie. Trocken ist empfindlicher als angefeuchtet, nass ist anfälliger als trocken, so erinnere ich das.
Das entspricht tatsächlich auch meinen Erfahrungen. Ich habe das erste Mal in meiner Ausbildung Leinen in der Kette gewebt, in einem heißen süddeutschen Sommer und die Stecknadeln waren ziemlich dicht gesetzt, von der Reparatur gebrochener Fäden. Mit anfeuchten habe ich das ganz gut in den Griff bekommen.
Und tatsächlich ist nassgesponnenes Leinen eine völlig andere Qualität als trockengesponnenes Leinen. Das nassgesponnene ist glatter und fester.
Die Sache mit Druck und keiner Hitze ist eine viel diskutierte Aussage. Eine amerikanische Weberin berichtet von ihren Erlebnissen in einem internationalen Kongress, in dem jede Nation ihre eigene Methode hatte, mit Leinen umzugehen. Auf die Frage, wie sie das mache antwortete sie : I am american, I do it my way.
Übrigens bringst Du ja auch Hitze mit kochendem Wasser ins Spiel. Ich habe vor 30 Jahren Babytragetücher mit Leinenkette gemacht und arbeite seitdem immer wieder mit Leinen in der Kette. Manche meiner Tücher sind verliehen und verliehen worden und haben 8 Kinder getragen, sind häufig gewaschen worden und liegen jetzt als Dekotextil irgendwo in der Wohnung.
Natürlich sind Waschmaschinen anstrengend für die Faser, vor allem wenn sie sehr wenig Wasser führen. Die Waschmaschinen aus den 60ern, die mit dem inneliegenden offenen Ventilator, sind allerdings viel, viel schlimmer. ich habe noch eine originale und nutze sie als Färbekessel, das heißt ich kontrolliere die Heizung, die sich noch ohne Thermostat durch anstellen und abstellen regulieren läßt und erhitze das Wasser sehr genau nach Plan. Zum Waschen nutze ich sie nicht. Das habe ich nur ganz im Anfang getan.
WildeWebe (Manager) 20.05.2015 02:09
Fadensprung HILFE!
Sitz hier grade vor dem "Problem" der Textilkennzeichnung. Hat schon mal jemand handgewebte Reinleinentischdecken in den Trockner geschmissen? Ich habe überhaupt keine Trocknererfahrung.
WildeWebe Ich habe auch keine Erfahrung mit Leinen im Trockner ;)) Danke also für dein Bekanntgeben. Das Problem ist schätzungsweise das selbe wie beim Leinen trocknen auf dem Dachboden im Sommer. Damit habe ich wirklich brettharte Erfahrungen gemacht. Ich glaube insgesamt darf Leinen einfach nicht zu trocken werden. Deshalb wird es in den skandinavischen Ländern auch kalt gemangelt. Aber wer hat schon eine Kaltmangel ?