Nachdem ich hier von einigen Mitgliedern gelesen habe, wie sie zum Weben gekommen sind und ich es immer wieder spannend finde, Geschichten zu lesen, wie die Menschen ans Weben kommen und Antigone mich in meinem Hallo- Thread nach meinem Herzenswunsch aus Kindertagen gefragt hat, habe ich mich jetzt hingesetzt und meine abenteuerliche Geschichte auch mal aufgeschrieben. Leider ist es ein Roman geworden :( und ich hoffe, daß er niemanden langweilt.
Eigentlich muß ich meinem Held aus Kindertagen die Schuld geben :) , ihm habe ich es zu verdanken, daß ich mit dem Weben angefangen habe.
Ich hab' mich eigentlich nie groß für Handarbeiten interessiert, habe es aber immer bewundert, wenn jemand die Fähigkeiten dazu hatte, vor allem, sich eigene Kleidung zu nähen.
In der Schule wurden wir Gottseidank nur ein halbes jahrlang mit Handarbeiten gequält. :)
Ich hatte das große Glück und hatte eine sehr freie und wilde Kindheit. Von klein auf hatte ich einen besten Freund an meiner Seite, mit dem ich durch dick und dünn gegangen bin. :)
Wir hatten uns mit zwei Jahren in der Sandkuhle hinterm Haus kennengelernt und es hat sofort gefunkt. " Er " war zwar ein Mädel, mangels Jungs in unserer Nachbarschaft, aber an ihr ist ein echter Junge verloren gegangen . :) Wir haben in einer kleinen Sackgasse am Stadtrand gewohnt, die direkt in die Natur führte und so haben wir jede freie Minute gemeinsam in den Wiesen, Feldern und Wäldern verbracht.
Unsere ersten Vorbilder waren die Cartwrights, die uns aber irgendwann zu langweilig wurden. Nur Kühe hüten war nicht unser Ding. Wir wollten Abenteuer erleben.
Als wir acht waren, kam Winnetou ins Fernsehen. :) Zum ersten Mal interessierten wir uns für die Kleidung unserer Helden. Ich hatte das große Glück und bekam eine echte Wildlederhose mit Fransen dran, wie Old Shatterhand. :)
Als wir größer wurden, wurden wir durch die Jack London- Filme inspiriert und spielten freierfundene Helden und Geschichten, Goldsucher und Trapper, hoch oben in Alaska und den Wäldern Kanadas.
... aber irgendwie fehlten uns ein paar reale Helden zum nacheifern. Wir hatten Glück und Dezember 79, wir waren dreizehn und im besten Rabaukenalter, lief eine kleine Westernserie an, über einen Treck, der seinen gefährlichen Weg nach Oregon macht.
Wir hatten eine Woche vorher in der Fernsehzeitschrift davon gelesen und waren sofort Feuer und Flamme. Hauptdarsteller sollte Rod Taylor sein, den wir schon aus der " Zeitmaschine " kannten und ich wusste, ich würde meinen neuen Helden bekommen und es sollte Rod sein. :)
Fehlte nur noch der Held für meinen Freund... aber wie heißt es so schön:) ... erstens kommt es anders, zweitens wie man denkt. :)
Ich saß Sonntags früh abends mit meinem Vater vor der Glotze und Rod ritt durch den Vorspann. Man sah der toll aus. :) Wenige Sekunden später gefolgt von einem unbekannten Blondschopf.
Boff, ich war sooo beeindruckt von ihm, wie ich es mein ganzes Leben später von keinem anderem Menschen mehr war. Er wurde zu meinem Herzensheld und ist es bis heute geblieben.
Das erste, was mir in den vielleicht drei, vier Sekunden, die er durch den Vorspann ritt, sofort aufgefallen war, waren die auffälligen unglaublich hellblonden Haare... und das wahnsinnig tolle gestreifte Hemd :) , daß er trug. So ein Hemd hatte ich vorher in keiner Westernserie oder Film gesehen und habe es auch später nicht mehr gesehen.
Selbstverständlich wurde die Serie unsere Lieblingsserie und wir haben sie viele Jahre nachgespielt, bis wir mit achtzehn schließlich zu " erwachsen " zum Spielen waren, oder besser gesagt, der Ernst des Lebens begann.
Ich hab' zu meinem Freund immer gescherzt, " Der Luther hat 'ne alte Wolldecke an. :) " ... und wusste gar nicht, wie Recht ich damit hatte. Ich hab' mir so sehr auch solch ein tolles Hemd gewünscht, es aber leider nie bekommen. :(
Die Serie wurde dann 1983 nochmal wiederholt und verschwand dann für immer vom Bildschirm. :( Meinen Helden und sein tolles Hemd habe ich nie vergessen. Ich hatte nie ein Foto von ihm, aber das Hemd hätte ich jeder Zeit aufmalen können. :)
Ich wurd' erwachsen und die ganzen Jahre fragte ich mich, ob ich meinen Helden jemals wiedersehen würde.
Vor zwei Jahren war es dann endlich soweit. * jubel * Die Serie war endlich auf DVD erschienen und ich hatte einen Shop gefunden, der mir die DVD nach Deutschland schickt. * freu- freu- freu *
Die Serie hatte natürlich nichts von ihrem Zauber verloren und ich konnte mir zum ersten Mal, dank Standbild :) , das tolle Hemd von meinem Helden genauer ansehen.
... und natürlich wollt' ich es immer noch haben. :) Nicht weil es das Hemd meines Helden war, sondern, weil es mir wirklich gefiel mit seinem tollen Streifenmuster... ... und ich eine Schwäche für reine Schafwollsachen habe. :) :) :)
Das Hemd sah wirklich aus wie eine alte Wolldecke. :) ... und ich wurde neugierig und hab' einfach mal gegoogelt, " Trapperkleidung, Indianerkleidung, Wolldecke " .
Ich wurde sofort fündig und stieß auf ein paar interessannte Seiten über Mountain Männer. Meistens stellt man sie sich ja in Wildlederklamotten vor, was aber nicht immer der Fall war. Viele unter ihnen stellten ihre Kleidung, ihre Hemden, eigentlich sind es eher Pullis :) , Beinlinge, Jacken aus Wolldecken her, weil Wolle so viele Vorteile gegenüber Leder hat.
Leider fand ich auch ein altes Interview mit Rod Taylor zu " Oregon Trail " , wo er erzählt, daß er die Kleidung für die Hauptdarsteller entworfen hätte. Da hatte der gute Mann wirklich tolle Recherche betrieben und mir wurde klar, daß er seinen besten Schauspielerfreund bestimmt nicht in eine handelsübliche Hudson Bay Decke gesteckt hat, sondern so toll, wie das Hemd zu ihm passt, wohl extra für ihn entworfen hat.
Also würde ich so eine Decke bestimmt nicht im Internet finden. :( :( :(
... aber soooo knapp vor dem Ziel wollte ich jetzt auch nicht mehr aufgeben. :) ... also überlegt, was ist eine Wolldecke überhaupt, wie wird sie hergestellt.
... und zum ersten Mal machte es " Weben " in meinem Kopf.
Ich also einfach mal " handgewebte Wolldecke " eingegeben. Ich wurde sofort fündig, obwohl es nicht viele Angebote gab.
Ich glaub' ja nicht an Zufälle, also hab' ich gleich die erste Seite geöffnet und stieß auf eine Dame, die eben genau diese Hudson Bay Blankets nachwebt. Zu einem wahnsinnig günstigen Preis. Ich hab' sie sofort kontaktiert, in der Hoffnung, sie reißt mir nicht den Kopf ab, wenn ich ihr sage, was ich mit ihrer hübschen Decke vorhätte.
Sie lachte und meinte, " Ach, noch so ein Trapperbursche. " und wusste sofort, wovon ich sprach. Ich schickte ihr Fotos von meinem Helden und sie wollte mir die Decke weben, wenn sie die entsprechende Kette auf dem Webstuhl hätte, es könnte aber ein paar Monate dauern.
Leider hörte ich nichts mehr von ihr. Anfang letzten Jahres hab' ich mich dann nochmal bei ihr gemeldet. Sie hatte mich nicht vergessen, aber viel Chaos in der kleinen Familienweberei gehabt.
Ich machte dann den Scherz, vermutlich müsse ich mir die Decke selber weben. :) Sie meinte sofort, das wäre eine wunderbare Idee, Weben sei so ein schönes Handwerk und ich hätte meine Decke dann auch selber gemacht, was ein ganz anderes Gefühl wäre. Für mich war das aber mehr ein Scherz.
Wir verblieben dabei, daß sie sich melden würde, wenn es wieder ruhiger sei und sie Zeit für meine Decke hätte.
Inzwischen war es Mai geworden und ich hatte keine Lust mehr zu warten, oder nochmal nachzufragen.
Pfingsten war dann hier bei uns in der Nähe der riesige Flachsmarkt. In der Händlerliste sah ich, daß fünf Weberinnen vor Ort waren. Da es an dem Wochenende recht kühl war, dachte ich mir, mach' Dir einen schönen Tag mit deinem Hund und besuch' die Weberinnen auf dem Flachsmarkt.
Was für eine behämmerte Idee. :) Ich wusste ja, daß es tierisch voll sein würde, aber das Gelände ist ja soooo riesig, daß man locker mit seinem Hund ausweichen kann, dachte ich mir.
Tierisch voll, war dann leicht untertrieben. :( Ich war zuletzt vor sechs Jahren da gewesen und hatte das Gefühl, die Besucherzahl hatte sich verzehnfacht. :(
Was ich nicht eingeplant hatte, daß man, um zu den einzelnen Wiesen zu kommen, immer durch ein verdammtes Nadelöhr musste, an dem es nur im Gänseschritt vorwärts ging. :(
... und leider waren meine Weberinnen dann auch noch weit über das ganze Gelände verstreut.
Bei meiner ersten Anlaufstelle merkte ich gleich, hier bist du falsch. Die Damen stellten alte traditionelle Kleidung her.
Der nächste Stand sah dann schon recht viel versprechend aus. Leider hatte ich das Gefühl, daß die Dame nur aufs Verkaufen aus war und sie stellte mir Fragen, mit denen ich als absoluter Nichtweber schlichtweg überfordert war. Ich dachte mir, eigentlich ist es doch ihre Aufgabe, daß zu bewerkstelligen.
Sie zeigte mir dann noch eine ihrer Decken, wie meine dann aussehen könnte, von der Dichte und Anfassen her. Da die Decke mir zu dünn war und auch vom Fühlen nicht mein Ding, sind wir weiter.
Der nächste Stand war ein recht freundlicher Belgier, der aber meine Art von gesuchter Decke leider nicht webte.
Dann kam ich an einen Stand, wo ich dachte, dort könnte es doch klappen. Der Stand war bis unter die Decke voll von den schönsten Wolldecken. :) :) :)
Die Dichte, die Dicke, die Oberfläche, genau wie ich es mir vorstellte. Die Damen hatten aber kein Interesse, meine Decke wäre zu aufwendig.
Also zogen wir weiter zu unserer letzten Weberin. Sie saß ziemlich ab vom Schuß, wo es entspannend ruhig und leer war.
Sie saß vor ihrem Zelt an einem kleinen Tischwebstuhl und unterhielt sich grad' mit einer Dame. Ihre Webstücke sahen alle so edel aus und ich dachte mir, hm, ob du sie wirklich nach deiner " alten " Wolldecke fragen sollst.
Ich tat es und zeigte ihr das Foto von meinem Helden. Sie sagte sofort, ja das wäre eine Wolldecke, vermutlich einfacher Dreierköper, wäre leicht nachzuweben und das könnte ich in einem Kurs selber schaffen.
Dann meinte sie noch, was ich auch schon gedacht hatte, ich bräuchte noch nicht mal einen großen Webstuhl, dieser kleine Tischwebstuhl würde schon reichen. Ich bräuchte ja nur die Breite für Vorder- und Rückenteil, da würden 65 cm reichen und dann die entsprechende Länge weben. Sie gab mir dann noch eine Adresse, wo ich einen Webkurs belegen könnte.
So zog ich nach Hause mit dem Gedanken, es wirklich selber zu versuchen.
Einen letzten Versuch startete ich dann noch. Ich hatte eine Weberin gefunden, die Kurse gibt und Auftragsarbeiten fertigt.
Sie war bis Ende des Jahres voll mit Auftragsarbeiten, nannte mir aber die Weben plus- Seite. Dort würde ich mit Sicherheit jemanden finden, der mir weiterhilft.
Ich ging also auf besagte Seite und öffnete intuitiv den ersten Link, der mich ansprach.
Es war die Seite einer Norwegerin, die hier in Deutschland lebt. Da ich sehr verbunden zu Norwegen bin, rief ich sie sofort an.
Sie war total nett. Da sie gerade in Norwegen war, sollte ich ihr die Fotos von meinem Helden schon mal mailen und Montag wieder anrufen. Die Antwort Mail kam auch promt zurück. Leider wäre es ihr zu aufwendig, meine Decke zu weben, aber sie würde mir gerne helfen, es selber zu tun und schickte mir auch gleich die Farbkarte ihrer Garne mit und welche Stärken in Frage kämen und was das Garn kosten würde.
Wir telefonierten am Montag und dann kam der Hammer, sie hätte jetzt am Wochenende einen Kurs und es wären noch Plätze frei. Sie arbeite mit Tischwebstühlen und sie würde mir einen mitgeben, daß ich meine Decke in Ruhe zu Hause weben könnte. Ich mal vorsichtig den Preis gefragt und fiel fast vom Hocker, 60 Euro für den Kurs und da ich von so weit weg käme 60 Euro für den Webstuhl für vier Monate über den Sommer. :)
Es gab nur drei Probleme, leider wohnte sie 350 km von mir entfernt. Okay, dachte ich, die Entfernung ist noch machbar.
Dann geht nichts ohne meinen Hund. Antigone, ich musste so lachen, als ich das hier
" und müßte meinen großen, gut erzogenen Hund mitbringen "
in einem anderen Thread las. :) :) :)
... und ich müsste auf die Schnelle noch eine Ferienwohnung mit Hund finden. Das wurde ein richtiges Problem, aber kurz vor Schluß, haben wir dann doch noch eine nette Wohnung in ihrem Ort gefunden.
... und so fuhren wir Freitagsmittags los gen Norden.
Samstag 14.00 Uhr ging dann der Kurs los. Meine Jacy und ich waren die ersten und konnten uns schon mal in Ruhe umschauen.
Ihre Webstube ist der Hammer. Man taucht in eine total andere Welt ein. Wir hatten Glück und unser Kurs bestand mit mir nur aus drei Teilnehmer/ innen. Die anderen beiden Damen waren Schwestern und schon öfter da gewesen und so wurde es ein sehr harmonisches entspanntes Wochenende.
Es ging dann auch gleich los mit der Gewebeplanung und die Farbe für die Kette aussuchen und da nahte schon das erste Unglück. Ich entschied mich für die etwas dickere Schafwolle, aber von dem hellen sandfarbenen Garn für Kette und Grundfarbe waren leider nur noch vier Knäule da. :(
Kein Problem, meinte meine Lehrerin, wir machen die Kette einfach zweifarbig, mit einem etwas dunkleren beige- meliert dazu und schießen mit dem melierten. Das würde mein Hemd dann etwas rustikaler und lebendiger machen, ob das okay wäre.
Da mir das melierte Garn sehr gut gefiel und es ja MEIN Hemd werden sollte, stimmte ich zu.
Sie berechnete schnell die Kettlänge und die benötigte Garnmenge und dann ging es auch schon zum Schärbaum.
Sie erklärte mir den Schärbaum fädelte die Wolle auf, machte ein paar Runden vor und drückte mir dann die beiden Fäden in die Hand.
... und da stand ich dann, " drehte die Runden " , fühlte die Wolle zwischen meinen Fingern und dachte, Hammer, hier stehst du nun und machst DEIN langersehntes Hemd. :)
Die fertige Kette sah so toll aus, ich konnte mir schon vorstellen, wie es aussehen würde, wenn die ersten Fäden durchgewebt würden.
Danach kam dann eine für mich sehr frickelige Aufgabe. Da kein Webstuhl komplett frei war, knoteten wir die Kette an eine vorhandene Kette an.
Ich war fleißig am Knoten, nahte schon die nächste Katstrophe. :)
Meine Lehrerin stand hinter mir und meinte " WEIHA " . Das wäre ja Fischgrät, das wollte ich doch bestimmt nicht. :(
Sie überlegte kurz und meinte dann kein Problem, ich solle weiter knoten, sie würde heut' abend den Rest machen und die Litzen umfädeln. Da hätte sie was zu tun. :) Ich liebe Ihren Pragmatismus. :) :) :)
Am nächsten morgen staunte ich nicht schlecht. Meine Lehrerin führte mich stolz zu meinem Webstuhl.
Meine Kette war gleichmäßig und ordentlich gespannt und damit ich schonmal sehen könnte, die ersten zehn cm in meliert gewebt.
HAMMER, es sah sooooo geil aus :) :) :) und fühlte sich soooo toll an.
Sie meinte direkt, das wird ein ganz tolles Hemd. :)
So, jetzt musste ich mich nur noch für die Farben entscheiden, mit denen ich die Streifen weben wollte.
Da meine Decke jetzt ein wenig dunkler und lebhafter war, überlegte ich, ob ich die Originalfarben beibehalten sollte.
Seltsamerweise hatte ich die dicken Streifen immer tannengrün statts anthrazit in Erinnerung und auf den Fotos wirken sie ins bläuliche, was auch toll aussieht.
Die beiden anderen Teilnehmerinnen lachten und meinten, ich könne ja wiederkommen und noch ein zweites und drittes Hemd weben. :)
Ich entschied mich dann für die Originalfarben, nur das braun nahm ich etwas kräftiger.
... und dann durfte ich vier Schiffchen wickeln und dann ging' s ans Weben. :)
Meine Lehrererin erklärte mir kurz den Webstuhl und den Ablauf. Den Satz werd' ich nie vergessen, erst wird geschossen, dann fällt er um ( Handhebel umlegen ) und zum Schluß wird er fortgekämmt. :)
Dann gab sie mir noch die Reihenfolge für die Köperbindung zum Umstellen für die Handhebel und dann ging es los.
Boah, das Gefühl kann man gar nicht in Worte fassen. Ich saß dort und fing an, MEIN Hemd zu weben.
Wir alle vier waren total begeistert von der tollen Farbkombi, als das erste Streifenmuster fertig gewebt war und ich konnte mir schon vorstellen, wie es sich anfühlen würde, es auf der Haut zu haben. :)
Sonntag abend 18.00 Uhr war das tolle Wochende leider vorbei. Schwer bepackt mit Webstuhl, Untergestell und Wolle traten Jacy und ich die Heimreise an.
In den vier Monaten, die ich Zeit hatte, meine Decke zu weben, hab' ich gemerkt, daß das Weben mir richtig gut tut und ich es gerne weiter machen möchte. Ich hab' noch die Worte meiner Lehrerein im Kopf, als ich nach Hause fuhr, " Pass auf, es könnte süchtig machen. " :)
Klar, sind in den vier Monaten auch einige Pannen passiert, gerissener Faden, Kettspannung ließ nach. Als Anfänger saß ich dann manchmal da und musste erstmal kräftig überlegen, bzw. meine Lehrerin anrufen und um Hilfe fragen, aber letztendlich hat alles geklappt und meine Decke wurde ein Traum. :)
Meine Lehrerin war richtig begeistert, als ich den Webstuhl zurückbrachte und wir die Decke vom Stuhl nahmen. Sie meinte, ich sei ein Naturtalent und solle unbedingt mit dem Weben weitermachen.
Da ich ja schon mit dem " Webvirus " infiziert war, durfte ich mir gleich eine neue 6 m Kette schären, die wir wieder an meine alte Kette anknoteten. Ich hatte die tolle Alafoss Wolle im Internet entdeckt und wollte noch eine dickere Decke mit eigenem Streifenmuster versuchen.
Das schönste kam dann, als ich wieder zu Hause war. Nun musste ja aus meiner Decke noch eine richtig fluffige Wolldecke werden. Meine Lehrerin gab mir den Tip, sie von Hand zu walken, bis sie sich so anfühlt, wie ich es möchte.
So kniete ich da am Boden mit meiner drei Meter Decke vor meiner kleinen Babywanne und fing an vorsichtig zu walken. Es fühlte sich echt toll an, wie sich die Wolle zwischen meinen Fingen veränderte.
Ich musste grinsen, hatte ich die ganze Zeit die Szene aus meiner Serie im Kopf, wie die Frau von meinem Helden sein Hemd im Holzbottich wäscht, weil er ein unfreiwilliges Bad im Bach nehmen musste. :)
... und mir kamen Gedanken, wie unsere Omas noch vor Jahrzehnten mühselig die Wäsche waschen mussten.
Nach zwei Stunden walken und " dicken " Unterarmen war meine Decke dann endlich fertig. :)
Die Alafoss Decke ist auch sehr schön geworden. Ich hatte aber schon beim Weben gemerkt, daß die nicht für mich werden würde. Für ein Hemd war mir die Wolle dann doch ungeeignet.
Die Decke war so schwer, daß ich sie dann doch in der Waschmaschine gewalkt habe. Sie ist ziemlich fest geworden, da ich nicht aufgepasst habe, bzw. , sie mir zu locker war und ich dann aufs Feinwaschprogram gegangen bin.
Da werd' ich in Zukunft erstmal ein bißchen rumexperimentieren.
Ich hatte das große Glück, daß vor kurzem ein achtschäftiger Varpapuu Nordia zu mir gefunden hat. 80 cm und mit Handhebeln, genau, was ich gesucht habe.
Im Moment suche ich noch nach passenden Litzen. Dann möchte ich erstmal ein wenig mit Kette und Schuß experimentieren, bevor ich dann die nächste Decke weben möchte.
So, jetzt hab' ich aber erstmal genug geschrieben. :)
WildeWebe Was für eine tolle Geschichte ! Ich war auch ein wildes Kind und bin immer noch viel draußen, habe ja auf meiner Gesellenwanderung mit Pferd und Hund insgesamt länger als ein Jahr komplett draußen gelebt, ich kann die Faszination für wilde Kleidung sehr gut nachvollziehen und auch die, was für Auswirkungen ein Film oder ein Buch für das restliche Leben haben.
Außerdem mag ich Geschichten und erzählen kannst Du auf jeden Fall.
Warst Du bei Kari in Schöppenstedt ? Einiges würde passen. Norwegerin in Deutschland. Handhebelwebstühle. Offener Webtag am Montag. Das wäre echt zu witzig. Bis vor 2,5 Jahren habe ich nur einige Dörfer entfernt von ihr gewohnt und natürlich kennen wir uns.
WildeWebe (Manager) 12.06.2017 23:37
Wolfssohn Antigone, Du solltest Meisterdetektivin werden. :)
" Warst Du bei Kari in Schöppenstedt ? Einiges würde passen. Norwegerin in Deutschland. Handhebelwebstühle. Offener Webtag am Montag. Das wäre echt zu witzig. Bis vor 2,5 Jahren habe ich nur einige Dörfer entfernt von ihr gewohnt und natürlich kennen wir uns. "
Ja, wir waren bei Kari. Dachte mir, daß Du sie kennst. Hatte hier irgendwo in einem Thread gelesen, daß Du Dir mal einen Handwebstuhl geliehen hattest. Das konnte nur Kari sein. :)
" Was für eine tolle Geschichte ! Ich war auch ein wildes Kind und bin immer noch viel draußen, habe ja auf meiner Gesellenwanderung mit Pferd und Hund insgesamt länger als ein Jahr komplett draußen gelebt, ich kann die Faszination für wilde Kleidung sehr gut nachvollziehen und auch die, was für Auswirkungen ein Film oder ein Buch für das restliche Leben haben.
Außerdem mag ich Geschichten und erzählen kannst Du auf jeden Fall. "
Danke. Man, mit Pferd und Hund, davon träume ich. :) Jacy und ich sind auch jeden Tag noch viel in unseren Feldern und Wäldern unterwegs. Die Tage war ich am Überlegen, ob wir nicht einfach im Wald bleiben und draußen übernachten. :)
" Wilde Kleidung " , der Ausdruck ist toll. :) Ich hab' mein Hemd ja jetzt schon ziemlich oft angehabt und jeder, der schon mal komplett selbgemachte Kleidung anhatte, wird den Unterschied kennen.
Es fühlt sich so toll an, dauert bestimmt nicht mehr lange und ich werd' auch drin schlafen. :) Selbst jetzt im Sommer, wenn die Sonne abends weg ist, kann man es gut und angenehm tragen und ohne was drunter ist es angenehmer als ein T- Shirt mit Baumwollhemd.
Wenn ich manchmal so meinen Helden gesehen habe, dachte ich manchmal, der arme Kerl, muß das Wollhemd bei Dreharbeiten in der Wüste tragen. :( ... aber ich schätze, ihm ging es besser, als Rod Taylor in dem dicken Baumwollhemd. :)
Wolfssohn 10.07.2017 16:38
WildeWebe Nee, den Handwebstuhl habe ich mir von einer anderen Weberin geliehen, aber Kari wäre natürlich möglich gewesen.
Wolle ist Klasse und ganz zu Unrecht ins Abseits geraten. Früher waren auch Badeanzüge und Sporttrikots aus Wolle. Eine Freundin erzählte mir, daß ihre Mutter noch in Wolle im Meer war und das sie nie den Badeanzug danach wechseln mußte, weil der viel schneller trocken war und auch wärmt, wenn er bis zu 30 % seines Eigengewichts an Wasser aufgenommen hat.
Und ich war dabei, wie sich zwei SemiProfi Fahrradfahrer über Sportbekleidung unterhielten. Der eine war total für die neuen funktionalen Fasern, der andere bevorzugte, nachdem er beides ausprobiert hatte, das Sporttrikot seines Großvaters aus Wolle, zumindest während des Trainings. Obwohl das ziemlich harte Wolle sein muß. Mit Merino oder gar Kashmir hätte es nicht diese lange Lebensdauer.