Hallo, ich habe mal Euer Brainstorming durchgelesen. Vielleicht wäre es eine Idee, hier mal die einzelnen Bindungen zu erklären. Sicher wären Web-Neulinge (wie ich !) froh, wenn sie es nachlesen könnten. Ich fang´jetzt einfach mal an. Wenn´s nicht erwünscht ist, bitte löschen. Danke.
Abgeschrieben aus dem Buch "Handweberei" von Tilly Knauer und Käte Stieger-Völkel, Vobach Handarbeitsbuch Band 5, Dritte Auflage, erschienen 1937
Die Bindungen Bindung ist die Art und Weise, wie sich in einem Gewebe die Fäden kreuzen. Man unterscheidet drei Grundbindungen: 1. Leinwandbindung, 2. Körperbindung, 3. Atlasbindung oder Satin. Diese drei Bindungsarten sind die Hauptformen der ganzen Weberei, von denen unzählige abgeleitet werden.
by-Astis 19.05.2011 17:14
by-Astis 1. Leinwandbindung (Teil 1) Diese Bindung ist immer auf beiden Seiten gleich, da Kette und Schuß immer abwechseln, ein Faden sich hebt, ein Faden sich senkt. Mit zwei Schäften kann man für unsere Zwecke eine Kettendichte bis zu 128 Fäden für 10cm ausführen, braucht man mehr, muß man 4 Schäfte nehmen; je feiner man webt, um so mehr Schäfte braucht man, damit nicht Reibungen und Abnutzung der Litzen, Reißen der Kettfäden und schwer aufspringendes Fach entstehen. Kette und Einschlag müßen möglichst gleich dicht stehen, bei leicht gebauten Webstühlen ist dies oft schwer zu erreichen. Sind starke Kettfäden in ein sehr offenes Blatt eingezogen und wird feines weiches Einschlaggarn genommen, so muß man viel Schuß einschlagen, und es wird ein sog. "Längsrips". Wirft man nach seinem Einschlaggarn einige stärkere Fäden ein, so kann man auf diese leichte Weise ein quergeripptes Gewebe herstellen. Als Anfangsarbeit wir man ein einfaches Gewebe in Leinenbindung jedem empfehlen, da Einzug und Verschnürung die wenigsten Schwierigkeiten bieten und sich mit Baumwolle, Leine, Wolle viele Stoffarten herstellen lassen, wie Hemdenstoff, Laken, Bezüge usw. Durch Farben kann man die verschiedensten Wirkungen erziehlen, durch einfarbige, gestreifte und karierte Zusammenstellungen, wie farbige Längsseitenstreifen. In eine Baumwollkette Leinengarn eingeschlagen, gibt Halbleinen, Wolle als Einschlag gibt Halbwolle, für Kleidungsstoffe zu brauchen, es darf nur nicht zu dicht gewebt werden.
by-Astis 19.05.2011 17:23
by-Astis 1. Leinwandbindung (Teil 2) Es assen sich auch sog. Flechtstoffe herstellen, wenn man z.B. in der Kette zwei dunkle mit einem hellen Faden wechselt und im Einschlag (Schuß) 1 dunklen, 1 hellen, 2 dunkle, 1 hellen oder ein anderes : 1 dunklen, 1 hellen, 1 dunklen, 1 hellen, 1 dunklen, 1 hellen, 2 dunkle, 1 hell, 1 dunkel, 1 hell, 1 dunkel, 1 hell, 2 dunkel usw.. Gardinen, im Leinwandbindung ausgeführt, wirken besonders hübsch, wenn man die Baumwolle für Kette und Schuß dreifach gezwirnt nimmt und dichte und offene Streifen wechseln läßt. Man muß die Lagen Garn vor dem Gebrauch brühen (waschen), damit der Stoff in der Wäsche nicht einläuft und zu dicht wird. Leinenbindung mit 2 Fäden in einer Litze und in einem Riet und mit einem Doppelfaden auf der Spule hergestellt, gibt "Panama", der für Decken und kunstgewerbliche zwecke wie auch zum Besticken gebraucht werden kann. Soll er zum Besticken gebraucht werden, muß er mit besonderer Sorgfalt gewebt werden, damit das Gewebe recht quadratisch wird. In Wolle schafft man nicht nur durch Farben Abwechslung, sondern auch durch Walken und Rauhen, was in einer Fabrik gemacht wird; es gibt dem Stoff ein tuchartiges Aussehen.
WildeWebe Wat für ne Arbeit ;)) Das nenne ich mal Engagement ;))). Gerne weiter so !
WildeWebe (Manager) 19.05.2011 21:51
margamay wow, toll!
margamay 19.05.2011 22:43
waschbear Wow... interessant. Wenn Du noch Energie hast, dann gerne mehr davon!
Wobei ich mich nach der Leinwandbildung eh ausklinken werde (müssen) :-))
waschbear 20.05.2011 07:38
by-Astis Na denn, auf geht´s.
2. Schwedenborten (Teil 1) Schwedenborten sind immer mit der Leinenbindung verbunden; der Einzug ist so gestellt, daß die Musterfäden auch die Leinenbindung enthalten. Bei der Schnürung sind zwei Fußschemel (Tritte) für die Leinenbindung, die übrigen bei den Verschnürungen angegebenen Schemel sind für die Mustertritte. Diese Webart findet man in allen Ländern, in denen noch handgewebt wird, un sie verdient auch ihre weite Verbreitung, da man mit ihr auf leichte Art sehr hübsche Grundmuster und Besatzstreifen weben kann, die sich durch geschmackvolle Farben noch wirkungsvoller machen lassen. Für die Musterfäden braucht man bei feinem Stoff Perlgarn 5/2, bei gröberen Stoffen Perlgarn 3/2; hat man nur feines Garn zu Verfügung, nimmt man einen Doppelfaden auf die Spule, genügt dies noch nicht, webt man mit diesem zweimal hin un her, wobei man auf der einen Seite durch einige Fäden der Webkante durchsteckt, damit es nicht wieder aufgeht. Die Musterfäden müssen gut decken, damit das Mzuster ausdrucksvoll heraustritt. Den Einschlagfaden hat man im Schnellschützen, die Musterfäden im Handschiffchen; für jede Farbe des Musters braucht man ein Schiffchen, die man beim Weben vor sich liegen hat auf dem gewebten Stoff. Man hat genau darauf zu achten, daß die Leintritte nach jedem Musterfaden auswechseln. Ist der Schnellschütze links, wird der linke Leinentritt getreten, ist der Schütze rechts, wird der rechte Leinentritt getreten. Sowie man die Leinenbindung nicht auswechselt, gibt es lange Fäden. Für die Mustertritte ist es gleichgültig, ob das Handschiffchen von rechts oder links kommt.
by-Astis 20.05.2011 10:54
by-Astis 2. Schwedenborten (Teil 2) Die Grundregel für diese Webart ist folgende: nach jedem Musterfaden schießt man einen Grundfaden in Leinenbindung durch, z.B. mit 4 Schäften webt man
Auf diese Weise wird jede Schwedenborte gewebt. Durch Treten von verschiedenen Mustertritten ohne Leinentritt dazwischen schieben sich die Musterfäden eng zusammen. Es liegt in der Hand des Webenden, die gleichen Mustertritte oft oder weniger oft aufeinander folgen zu lassen, wodurch Würfel, Striche oder Stäbe entstehen. Mühsamer ist es, wenn man einen Rand ringsherum oder ein Grundmuster in die Mitte webt, wobei man den Musterfaden bis zu einem bestimmten Kettfaden nur durchstecken darf. Achtschäftige Schwedenborten werden genau ebenso gewebt wie mit 4 Schäften, nur hat man das Angenehme, 3 bis 6 Mustertritte zur Verfügung zu haben, wodurch man reichere Musterungen hervorbringen kann.
by-Astis 20.05.2011 11:05
by-Astis Hallo Ihr Lieben, ich möchte hier auf keinen Fall den Eindruck entstehen lassen, ich hätte wahnsinnig viel Ahnung von der Materie. Wie o.a. schreibe ich aus einem Buch ab. Dadurch lerne ich. Hab´ ich schon vor gefühlten 100 Jahren in der Schule gemacht. Dann bleibt bei mir wenigstens in einigen grauen Zellen etwas hängen davon. (lach) Morgen geht´s weiter. Allen einen sonnigen Tag.
by-Astis 20.05.2011 11:10
by-Astis Hallo, leider hatte ich am Wochenende keine Zeit. Mini-Enkel schauen, putzen, waschen, Göga und Hunde versorgen und - wow - mein Tischwebstuhl mit 4 Schäften aus Niederlande ist da. Die liebe Dame hat die Weberei darauf gelassen, damit ich nachvollziehen kann, wie das Teil funktioniert. Supernett von ihr. Aber nun genug gesabbelt. Weiter geht´s.
3. Köperbindung Köperbindung ist sehr leicht zu erkennen durch die erhabenen schrägen Linien, Grate genannt, die dadurch enstehen, daß der Bindungspunkt bei jedem Schuß um je einen Kettfaden nach rechts oder links weiterschreitet. Losere Ketteinstellung oder feinerer Schuß bewirken einen flachen Grat; dichtere Ketteinstellung oder dickerer Schuß eine steileren Grat. Verläuft der Grat von links unten nach rechts oben, so ist es Rechtsgratköper; von rechts unten nach links oben ist es Linksgratköper. Man unterscheidet gleichseitigen, einseitigen Kett- oder Schußköper, verstärkten und Mehrgratköper. Im vergleich zur Leinenbindung gibt der Köper ein glänzenderes, dichteres und elastischeres Gewebe. Bei einem Köpereinzug kann man die verschiedenen angegebenen Verschnürungen machen; nicht nur der Einzug, sondern auch die Verschnürung und die Tretweise verändern das Muster. Hat man eine lange Kette, die man mit Körpereinzug aufgebracht hat, zum Teil in Köper abgewebt, so kann man Leinenbindung schnüren und weben und bekommt dadurch einen leichteren Stoff. Nach gleichseitigem Köper kann man auch die Verschnürung in einseitigen Körper ändern, was sich besonders zu Besätzen in anderer Farbe gut eignet. Durch die Tretweise ändert man das Muster. Köperbindung läßt sich für Handtücher, für alle Kleidungsstoffe, für die verschiedensten Gewebe in allen Garnarten verwerten, im Wolle nennt man ihn Cheviot.
by-Astis 23.05.2011 20:53
by-Astis 4. Atlas- oder Satinbindung Die Atlasbindung hat nicht die Gratbindung wie der Köper, sie zeichnet sich durch eine glatte, glänzende Fläche aus; die Bindungspunkte des Atlas müssen möglichst zerstreut werden, je ferner sich dieselben liegen, um so weniger werden sie im Stoff bemerkt, und um so schöner wird das Gewebe. Die Güte der Atlasbindung hängt von der dichten Einstellung im Blatt und von dem Rohstoff ab. für den Hausgebrauch wird Atlasbindung wenig gebraucht, in Baumwolle ausgeführt für Futterstoffe und für federdichten Stoff, in Leinen braucht man sie für Decken aller Art. Atlasbindung wirkt als Streifen in Leinenbindung für Kleiderstoffe sehr hübsch.
by-Astis 23.05.2011 20:57
by-Astis 5. Die abgeleiteten Bindungen Der Leinenbindung verwandt sind z.B. Panama, Rips, Scheindreher, Gerstenkorn, Doppelleinen und alle nach Leinebindung neugeordneten Bindungen. Der Köperbindung verwandt sind Spitz-, Kreuz-, Gebrochener, Schlangen-, und Doppelköper und alle in diagonaler Richtung neugeordneten Bindungen. Der Atlasbindung verwandt sind z.B. verstärkter Atlas, Doppelatlas und viele Kreppbindungen.
by-Astis 23.05.2011 21:01
by-Astis 6. Gerstenkorn Durch die rauhe Ober- und Unterseite ist Gerstekorn besonders geeignet für Handtücher und Geschirrtücher. Die gröbste Blattnummer, die für Gerstenkorn gebraucht wir, ist Nr.: 48 für grobes Leinengarn, Blatt 64 für Baumwollketten, da die Einschlagfäden in noch gröberer Ausführung zu lang werden. Für Schlafzimmerhandtücher (!) ist Blatt 80 sehr geeignet, die in reinem Leinen oder Halbleinen mit 3 oder 4 Schäften gewebt werden. Vorzüge des Gerstekorns sind, daß man mit dem Einzug Scheindreher, Rips, Schwedenborte und Leinebindung weben kann.
aa-needle-and-thread Hallo ich brauche ganz dringend Hilfe ich stehe kurz vor meiner Zwischenprüfung und komme mit den Bindungsarten nicht so klar.wie man Leinwand - Körper und Atlasbindung erkennt weiß ich mittlerweile :) wir müssen aber über Bindungszeichen zu der jeweiligen Bindung erfassen können da komm ich leider nicht raus.. kann mir das vielleicht jemand erklären?
Bsp. Leinwandbindung 10-0101-01-00 Körperbindung 20-0301-01-03 oder Atlasbindung 30-0401-01-03
Diese zahlen müss ich anhand einer Patrone erkennen können. ich bin schon mal so weit das 10 Leinwandbindung,20 Körperbindung und 30 Atlasbindung ist, mit den anderen Zahlen kann ich gar nichts anfangen.
Vielen Dank schon mal lg Anne
aa-needle-and-thread 23.02.2015 17:50
WildeWebe Das ist ja mal spannend. Ich dachte immer, ich bin ganz gut in Bindungslehre, aber diese neue Schreibweise kenne ich überhaupt nicht.
Ich versuchs nur mal Leinwandbindung : 01 - Faden gehoben, 01 - Faden gesenkt - um einen versetzt ? Steigungszahl 1, keine Wiederholungen 00 Das ist jetzt echt geraten, aber es würde der Bindung entsprechen.
Aber schon beim Köper wirds schwierig : 03 -3 Fäden gehoben 01- 1 Faden gesenkt. Dann wäre es also ein Köper 3/1, um 1 versetzt (01), 03 x wiederholt ? Wenn ich das richtig entziffert hätte, gäbe das einen ganz normalen Köper 3/1
Atlas . 4 Kettfäden gehoben, 1 Faden gesenkt. Würde Sinn machen, entspricht den kleinstmöglichen Atlas. Aber dann zeigt sich, das die letzen beiden Zahlen irgendwas mit der Rapportgröße und der Steigungszahl zu tun haben, aber nicht so funktionieren, wie ich es beim Köper gedacht habe. Denn versetzte ich um einen und wiederhole das 3 Mal, dann habe ich keinen Atlas, sondern einen Köper 4/1 ,dem eine Zeile im Rapport fehlt.
Ich habs ausprobiert. Wenn ich die Zeile erst um einen punkt verschiebe, dann um 3 Punkte, dann wieder um einen, dann erhalte ich tatsächliche einen Atlas, also eine Löung bei dem in keiner Zeile, Spalte oder Diagonale des Rapports 2 Abbindepunkte liegen.
Ich hoffe, ich habe Dich jetzt nicht noch konfuser gemacht, vielleicht fällt Dir ja irgenderwas dazu ein, zu dem was ich geschrieben habe. Ich denke, Du kannst ziemlich sicher davon ausgehen, das zwischen den ersten beiden Strichen - - die erste Zeile des Rapports steht und das sich die anderen Zahlen darauf beziehen, wie diese Zeile im weiteren Rapport weiter verschoben wird.